Newsletter August

7. Herbstakademie Frankfurt – Jahrestagung der Gesellschaft anthroposophischer Ärzte – Veranstaltungskalender aktualisiert – Zwei neue Facetten – David Nicols ‚Subtle Activism’ – Rose und Kreuz bei Luther, Hegel und Goethe – Hanegraffs ‚Esotericism and the Academy’ – Newsletter künftig alle zwei Monate ————–

Das Denken hat für die anthroposophische Meditation eine grundlegende Bedeutung. Allerdings nicht unser gewöhnliches Denken, das die Welt abbildet und fertig macht und still stellt, sondern ein Denken, das lebendig ist und flüssig und bildsam in das Bedachte eintaucht. Die 7. Herbstakademie Frankfurt – eine Kooperation zwischen EnlightenNext, Info 3 Anthroposophie im Dialog und DIA Die integrale Akademie – widmet sich vom 19. bis 21. Oktober dem schönen Thema Aufklärung, lebendiges Denken und Spiritualität. Sie begibt sich auf die Suche nach einer bisher oft übersehenen Quelle spiritueller Erfahrung und damit zugleich nach einem fundamentalen Zugang zu anthroposophischer Meditation. Der Austausch zu diesem Thema zwischen den drei befreundeten Geisteswegen dürfte dem lebendigen Denken als anthroposophischen Klassiker neuen Odem einhauchen, nicht zuletzt dank der dialogischen und immer wieder überraschenden Veranstaltungsform, die die Herbstakademie in den letzten Jahren entwickelt hat. Mit dabei sind wie immer Jens Heisterkamp, Tom Steininger und Sonja Student sowie dieses Mal Katharina Ceming, Cordula Maers-Frei, Anna-Katharina Dehmelt, Christian Grauer, Sebastian Gronbach, Adrian Wagner und andere. Die Website zur Herbstakademie enthält auch einige ins Thema einführende Grundlagentexte.

Auch das letzte Heft von EnlightenNext Impulse ist dem Thema der Herbstakademie gewidmet. „Wir stehen am Anfang der Aufklärung“ ist spannend und gut lesbar von der ersten bis zur letzten Seite und gibt einen anregenden Einblick in das derzeitige Denken über das Denken, anhand von Interviews mit Harald Walach und Ervin Laszlo, Artikeln über Anselm Kiefer und Rupert Sheldrake und mit einem Vorschlag von Tom Steininger, drei verschiedene Stufen der Aufklärung zu unterscheiden. Die Verbindung von Denken, Meditation und Spiritualität liegt in Luft.  

Meditativen Erkenntniswegen für die therapeutische Praxis ist die diesjährige Herbsttagung der Gesellschaft anthroposophischer Ärzte am 24. und 25.11.2012 in Kassel gewidmet. Die Tagung richtet sich an Ärzte, Therapeuten und an der anthroposophischen Medizin Interessierte und versammelt ein beeindruckendes Aufgebot heilerischer Kompetenz. Von verschiedensten Zugangsweisen aus bearbeiten die Mitwirkenden das Thema Meditation in Vorträgen und Workshops.

Und auch sonst gibt es in diesem Herbst eine Fülle von Veranstaltungen: Vorträge, Seminare, langlaufende Übungskurse zur Einführung und zur Vertiefung. Ein Blick in den Veranstaltungskalender lohnt sich!

Ebenso lohnt sich mal wieder ein Blick auf die Facetten – dort sind zwei neue hinzugekommen: ‚Herzdenken’ von Christiaan Struelens, Pfarrer der Christengemeinschaft in Lübeck, und ‚Meditation’ von Franz Hofner, Mathematiker und Dichter in Bonn.

Das Surfen im Worldwide Web führt zu Funden verschiedenster Art – oft weiß man nicht sofort, ob man sich gerade oben auf der Welle oder tief unten im Wellental befindet und ob man es wirklich mit Wasser oder nur mit Schaum zu tun hat. Oder anders gesagt: ob man es mit reifen Früchten, alten Hüten oder mit Irrelevantem zu tun hat. Es folgen drei Kostproben.

Rudolf Steiner hat immer wieder angedeutet, dass das Weltgeschehen durch okkulte Verrichtungen beeinflusst werden kann. David Nicol, Forscher und Aktivist im Umfeld des California Institute of Integral Studies hat nun in einem englischsprachigen Beitrag des Graswurzel-Blogs Beyond the choir von diesbezüglichen Versuchen in England während des zweiten Weltkrieges berichtet. Man verabredete sich zu gemeinsamen Meditationen mit Inhalten aus der britischen Geschichte. Nicol nennt solches Vorgehen ‚subtle activism’ und schildert ähnliche Aktivitäten aus der Occupy-Bewegung, die er mit seinem Beitrag unterstützt. Ein Buch von David Nicol mit dem Titel ‚Subtle Activism: The Inner Dimension of Social and Planetary Transformation’ ist in Vorbereitung.  

Die Meditation des Rosenkreuzes ist eine der wichtigsten Meditationen in der Anthroposophie. Das Rosenkreuz und insbesondere die Rosenkreuzer haben eine weitläufige esoterische Geschichte – exoterisch jedoch ist das Rosenkreuz durch Martin Luther in die Welt gekommen. Luthers Familienwappen war eine Rose, in deren Mitte ein in einem Herz eingeschlossenes Kreuz steht. Johann Valentin Andreae, der Autor der Schriften um Christian Rosenkreutz, hing 100 Jahre nach Luther dem Gedanken einer Generalreformation an, die sich stark auf Luther bezog. Diese Bewegung stellte sich unter das Zeichen des Rosenkreuzes.
Eine Spurensuche nach Hegels Wort „Die Rose der Vernunft im Kreuz der Gegenwart“ führte nun zur Karl Löwiths Buch „Von Hegel zu Nietzsche: Der revolutionäre Bruch im Denken des 19. Jahrhunderts“. Löwith untersucht dort eingangs das Verhältnis Hegels und Goethes zum Rosenkreuz Luthers. Während das Rosenkreuz bei Hegel auf die Vernunft und eine Verbindung von Philosophie und christlicher Theologie weist, so verbindet Goethe das Rosenkreuz in seinem Gedicht „Geheimnisse“ mit einer unhintergehbaren Humanität, mit einem christlichen Heidentum, im Unterschied zu Hegels philosophischem Christentum.
In dieser exoterischen Geschichte des Rosenkreuzes gibt es noch viel zu entdecken, auch im Hinblick darauf, dass Steiners Rosenkreuz-Meditation den philosophischen Ansatz Hegels und den imaginativen Ansatz Goethes integriert.
Das bezeichnete Kapitel im Buch von Karl Löwith lässt sich online hier nachlesen.

Wouter J. Hanegraff, der Nestor der akademischen Esoterikforschung, hat dieses Jahr mit „Esotericism and the Academy“ seine große Geschichte des Denkens und Meinens über Esoterik und esoterische Inhalte vorgelegt: eine Geschichte der Ausgrenzung und des subkutanen Einfließens von Wissensformen, die sich dem Objektivitätsideal moderner Wissenschaftlichkeit nie gebeut haben. Jede spirituelle Erfahrung und auch die Anthroposophie sucht nach Ausdrucksformen, die per se Nicht-Objektivierbares einfangen können und doch dem Gegenwartsbewusstsein zugänglich sind. Das war und ist bis heute mit Problemen und vor allem mit unendlichen Missverständnissen verbunden.
Johannes Kiersch zeigt in einer knappen, sehr lesenswerten Rezension des bisher nur auf Englisch vorliegenden Buches von Hanegraff die wesentlichen Punkte auf und benennt damit zugleich die Fragen anthroposophisch Tätiger an die akademische Esoterikforschung. Lorenzo Ravagli macht sich auf seinem Blog die Mühe, mittels ausführlicher Exzerpte von Hanegraffs Buch in bisher 23 Teilen dem Neugierigen das Warten auf die deutsche Übersetzung zu verkürzen.

Zum Schluss sei noch einmal auf das Sonderheft „Meditationswege – anthroposophische Zugänge“ der Monatszeitschrift Die Drei hingewiesen. Das Echo ist überwiegend positiv. Auch wenn auf manche Leser mancher Beitrag ein wenig chaotisch oder merkwürdig wirken mag – alle heben die anregende Vielfalt der verschiedenen Beiträge und den differenzierten Einblick in verschiedenste Arbeitsansätze hervor. Das Heft kann weiterhin hier bestellt werden.

Der Newsletter wird zukünftig alle zwei Monate erscheinen, immer in den geraden Monaten. Der nächste Newsletter wird also im Oktober kommen. Für Beiträge, Hinweise und Anregungen aller Art sind wir weiterhin dankbar.

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